Erinnerungen, die bleiben
„Nie wieder ist jetzt.“ hört und liest man zu Gedenktagen, wie dem 27. Januar zur Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz, immer wieder. Aber was beutetet das für junge Menschen in der Gesellschaft? Was verbirgt sich hinter dieser wichtigen Forderung?
19 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 10 der Heinz-Sielmann-Schule aus Oerlinghausen haben sich selbst ein Bild gemacht. Unter Leitung von Ünal Kopal und mit Begleitung von Teuta Bajrami und Vanessa Neumann erfuhren die Jugendlichen direkt vor Ort in Polen, was dort im Zweiten Weltkrieg geschehen war. Während des 5-tägigen Aufenthalts lernte die Gruppe nicht nur die Geschichte Krakaus, Auschwitz und Birkenaus kennen, sondern erfuhr auch die Geschichte von Monika Goldwasser. „Mit 8 Monaten mussten meine Eltern mich verlassen. Meine Mutter hielt bei ihrer Deportation anstatt mir eine Puppe im Arm, als sie sich auf den Weg zu ihrem Tod machte.“ erzählt die Holocaust Überlebende beim Zeitzeugengespräch.
Ihre bewegende Lebensgeschichte wurde für die Gruppe von einer Dolmetscherin übersetzt. Alle hörten gebannt zu, als Frau Goldwasser von ihrem Leben, dem Leben ihrer jüdischen Eltern Salomea und Adam Goldwasser und dem Weg zur Entdeckung ihrer Herkunft berichtet. Wie knapp sie dem Tod entkommen war, war für die Schülerinnen und Schüler schockierend. Jahrelang wusste sie nichts von ihrer jüdischen Abstammung, bis ihre Adoptivmutter ihr davon erzählte. Frau Goldwasser fühlt sich verpflichtet jungen Menschen von ihrer Geschichte und den Taten der Nationalsozialisten zu erzählen. Sie empfinde trotz der tragischen Geschichte keinen Hass und sei froh, dass deutsche Schülerinnen und Schüler ihrer Erzählung zuhören.
Nicht nur die Zeitzeugin hinterließ einen bleibenden Eindruck bei den Jugendlichen. Die Führung durch das Stammlager Auschwitz I und das Vernichtungslager Auschwitz II Birkenau wurde begleitet von vielen Fragen der Schülerinnen und Schüler. Sie versuchten das, was vor 80 Jahren ein Ende fand, zu begreifen. Die Besichtigung führte sie vorbei an unzähligen Ausstellungsstücken, die die Gräueltaten der Nationalsozialisten dokumentieren. “Da steht Bielefeld!” rief eine Schülerin voller Erstaunen vor dem Ausstellungsfenster, hinter dem sich unzählbare Mengen an Koffern der in Auschwitz inhaftierten und ermordeten Jüdinnen und Juden befanden. Auf einem der Koffer war eine Aufschrift mit einer Adresse in Bielefeld zu erkennen. Bei der Begehung des Geländes wurden die Dimension der Verbrechen, die Taten und das Leid der Menschen, über die man im Unterricht liest, greifbar. Die Gedenkstätte hinterließ nachdenkliche und entschlossene Schülerinnen und Schüler: So etwas darf nie wieder geschehen.
Auch die Geschichte der Stadt Krakau und die Sehenswürdigkeiten haben die Schülerinnen und Schüler kennengelernt. Eine Stadtführung begleitete die Gruppe durch die Altstadt inklusive der Tuchhallen und der Marienkirche, bis zum jüdischen Viertel. Am Platz der Ghettohelden erfuhren die Jugendlichen vom Leben im Ghetto und von der Besatzungszeit Krakaus durch die Nationalsozialisten. In der Synagoge Remuh, die heute der religiöse Mittelpunkt der jüdischen Gemeinde Krakaus ist, erfuhren die Schülerinnen und Schüler vom damaligen und heutigen Leben der jüdischen Gemeinde. Die Schülerinnen und Schüler nehmen von der Fahrt eindrucksvolle Erinnerungen mit, die ihnen dank der Stiftung der Fahrt ermöglicht wurden. Namentlich sind die Unterstützer der Fahrt das Land NRW, das Gedenkstättenfahrten fördert, die Sanddorf-Stiftung und ihre Geschäftsführerin Birgit Hahn, die Netzconcepte GmbH sowie die Wortmann AG. Um die Forderung „Nie wieder ist jetzt.“ mit Stärke und Inhalt zu füllen, sind Gedenkstättenfahrten wie diese unersetzlich.